40 Prozent der Kunden sind Chinesen – und sie lieben bayerische Brezel

Dann also wieder Asien. Als Michael Bock 2007 zurück nach Deutschland kam, lagen sechs Jahre Arbeit in japanischen Bäckereien hinter ihm. Und eigentlich wollte der damals 46-jährige Bäckermeister nun wieder in der Heimat Fuß fassen. Doch daraus sollte nichts werden: „Mal war ich zu alt, mal überqualifiziert und mal zu teuer“, erzählt der gebürtige Darmstädter.

Bock liegt es fern, zu jammern oder lange zu fackeln. Also bewarb er sich für das Pekinger Werk der damaligen Swiss Gastro Bakery, die gerade einen deutschen Bäckermeister suchte. „Sonst hätte ich vielleicht Hartz IV beantragen müssen.“ Das war 2008. Angesichts der in diesem Jahr in China stattfindenden Olympischen Spiele ließen die Auftragsbücher des Schweizer Unternehmens nichts zu wünschen übrig.

Nach der Olympiade lernte Michael Bock seine heutige chinesische Ehefrau Annie Zhang kennen und wechselte zur South German Bakery. 2011 hatte er dann seine wahre Profession gefunden und eröffnete mit seiner Frau am Pekinger Stadtrand „Michael’s German Bakery“.

Der Standort ist gut: Rund um den Betrieb wohnen diverse deutsche Mitarbeiter von Konzernen wie VW, Daimler oder Siemens. „Bei der Eröffnung hatten wir also zu 80 Prozent deutsche, zehn Prozent internationale und fünf Prozent chinesische Kunden“, erinnert sich der Unternehmer.

Das sieht inzwischen etwas anders aus, „weil die Firmen nicht mehr so viele Mitarbeiter nach China schicken“. Auf den Umsatz des Betriebs hat das jedoch keine Auswirkungen, da nun der Anteil der einheimischen Kunden auf 40 Prozent geklettert ist. Viele davon waren schon einmal als Touristen in Deutschland und sind neugierig, ob die Brezel in Peking genauso gut schmecken wie in Bayern.

Neben dem Laugengebäck rangiert Bocks „Powerbrot“, ein Roggenmischbrot mit sechs Sorten Körner, in der Gunst seiner Kunden ganz oben. Guten Absatz finden aber auch  Bauernbrot und klassische Schnittbrötchen. Das Kuchensortiment prägen in erster Linie Schwarzwälder Kirschtorte sowie die traditionellen deutschen Apfel- und Kirschkuchen.

In der Vorweihnachtszeit kommen – neben diversen Plätzchen und Lebkuchen – Butter-, Mandel- und Nussstollen hinzu. Einen Mohnstollen würde Bock ebenfalls gerne backen, „aber Mohn wird in China als Droge eingestuft und ist deshalb verboten“, erklärt der hessische Bäckermeister.

Ohne seine ebenfalls 56-jährige Frau, betont Michael Bock, könne er den Betrieb nicht führen. Und keinesfalls ist es so, dass Annie Zhang nur im Laden anzutreffen wäre. Dank ihres an der Akademie in Weinheim erworbenen „Diploma in German bread baking“ steht sie ebenfalls in der Backstube und verantwortet in einem separaten Raum die Herstellung glutenfreier Brote, Brötchen und Kekse.

Dieser Teil des Sortiments geht ebenso häufig auf Reisen wie etwa das „Powerbrot“ oder die Christstollen: Über einen Shop auf einer Internetplattform vertreiben die Bocks den bruchsicheren Teil ihrer Backwaren in ganz Peking und darüber hinaus.

Um die Mittagszeit füllen zahlreiche hungrige Lehrer einer benachbarten amerikanischen Schule den Laden – mit großem Appetit auf selbstgemachte Frikadellen, Leberkäse oder Fleischsalat. Der Betrieb läuft also auch im Snackbereich bestens. Und Michael Bock bereut es nicht, wieder nach Asien gegangen zu sein.

Erstveröffentlichung: Allgemeine BäckerZeitung (www.abzonline.de)