Auf der Bühne und in der Backstube

Mit dem Teig kennt sich Philippe Tibbal ebenso gut aus wie mit dem Theater. Deshalb bezeichnet sich der 39-jährige Franzose auch als „Brot- und Theatermacher“. Inzwischen steht der gelernte Bäcker und studierte Schauspieler jedoch kaum noch in der Backstube, dafür aber immer öfter auf der Bühne, die auch schon mal in einer Bäckerei aufgebaut wird. Dort präsentiert Tibbal mit den Tänzerinnen und Choreografinnen Paola Zadra und Verena Steffen das Stück „B.R.O.T. – Tanztheater in sechs Scheiben“. Im Mittelpunkt der Performance steht die große Wertschätzung des Kulturguts Brot in Deutschland bei einem gleichzeitig schlechten Image des Berufs.

“B.R.O.T in sechs Scheiben” bei endophina. Foto: Moritz Mentzel

Als Philippe Tibbal 2006 nach Berlin kam, hatte er finanziell ganz schön zu knabbern: Die Stadt ist voller (arbeitssuchender) Schauspieler, und als Mime mit einem starken Akzent hatte er es doppelt schwer. Da musste also erst mal ein Brotberuf her. In seiner Heimatstadt Toulouse und später in Paris hatte er mit viel Freude in Bäckereien (auch in der Backstube) ausgeholfen.

Daran wollte Tibbal anknüpfen und absolvierte eine Ausbildung in der Ufa-Bäckerei in Neukölln, gefolgt von Stationen als Geselle in dem Kreuzberger Betrieb „Soluna Brot und Öl“ sowie in der renommierten französischen Bäckerei “Lenôtre” im KaDeWe.

Brot am Stück: Der Tänzer in der Backstube. Foto: Gerald Backhaus

Den Grundstein zu „B.R.O.T.“ legte der drahtige Franzose schon während seiner Lehrzeit: „Ich begann spontan und ohne konkretes Ziel Theaterstücke, Texte und Gemälde zu sammeln, die etwas mit dem Thema Brot zu tun haben.“ Klar war nur, dass am Ende eine Kombination aus Handwerk und Kunst herauskommen sollte. Tibbals erster Schritt in diese Richtung ging schief: Gerne hätte er Wolfgang Borchers Novelle „Das Brot“ inszeniert, erhielt jedoch keine Genehmigung vom Verlag.

Schlussendlich mündete Tibbals umfangreiche Materialsammlung in seinem eigenen Stück: Im Februar dieses Jahres öffnete sich der Vorhang für die Premiere von „B.R.O.T.“ – passenderweise in dem Pankower Kulturzentrum „Brotfabrik“. Nach sechs Aufführungen ging es zwar nicht Schlag auf Schlag, aber kontinuierlich voran. Am 6. und 7. Mai konnte das „Theater der Arobase“ seine Performance in der Bäckerei endorphina Backkunst auf die Bühne bringen, und weitere Termine in der gläsernen Backstube des Bio-Betriebs sollten folgen.

Tanztheater Sechs Scheiben B.R.O.T . Foto: BMUB

Gut einen Monat darauf spielten Philippe Tibbal, Paola Zadra und Verena Steffen auf dem Kulturfestival „48 Stunden Neukölln“ erstmals vor einem größeren Publikum, und im September waren sie zu Gast auf einem Festival zum 30. Geburtstag des Bundesumweltministeriums. „In dem Stück geht es hauptsächlich um die Diskrepanz zwischen dem guten Ruf des Brotes und der mangelnden Anerkennung des Berufs“, erklärt Tibbal, „aber auch darum, dass sich viele Bäcker inzwischen unter Wert verkaufen und ihr Handwerk nicht mehr schätzen.“

Er selbst kommt inzwischen nur noch in seiner Freizeit zum Backen, denn der Traum, beide Berufe gleichzeitig auszuüben, lies sich bisher nicht verwirklichen. Dafür wächst das Interesse an „B.R.O.T.“ zu schnell und hat dem Ensemble jetzt sogar eine Einladung nach Italien gebracht. Aber aufgegeben hat er ihn nicht, dafür reizt ihn die Kombination aus Kunst und Handwerk zu sehr.

Erstveröffentlichung: Allgemeine BäckerZeitung (www.abzonline.de)