Der Bäcker und die Tänzerinnen

Als Torsten Hacke 1990 seinen Meister in der Tasche hatte, zettelte er in der elterlichen Bäckerei eine Revolution an: Fertigmischungen und Fertigsauer raus – Handwerk rein. Ansonsten, drohte der damals 24-Jährige, werde er nicht in den Betrieb einsteigen. Der Vater beugte sich dem Verdikt des Sohnes zähneknirschend.

 

„Auf der Meisterschule hatte ich ja gelernt, wie es geht, warum sollte ich dann noch Tüten aufreißen?“ Diese Philosophie hat das 1903 gegründete Familienunternehmen aus Meinersen im Landkreis Gifhorn von Grund auf verändert. Auslöser war Torsten Hackes Plan, sich eindeutig vom Wettbewerb abzugrenzen und damit bei den Kunden zu punkten.

 

Sieben Jahre später stand der nächste Rauswurf auf der Agenda. Diesmal traf es das gesamte Sortiment an „Tchibo“-Handelswaren. „Das passte hinten und vorne nicht, schließlich sollen die Kunden zu uns kommen, um Backwaren zu kaufen“, begründet Torsten Hacke den wegweisenden Schritt.

 

Im Jahr 2005 ging das radikale Aufräumen weiter: Der Bäckermeister verbannte Maschinen wie Abwieger und Volumenteiler aus der Produktion. Die wurden nicht mehr gebraucht, weil er sich von drei seiner damals fünf Geschäfte getrennt hatte. Dem Unternehmer war klargeworden, dass mit dieser Filialstruktur kein Blumentopf zu gewinnen war.

 

„Wir hatten seinerzeit 31 Beschäftigte und 1,5 Millionen Jahresumsatz, von dem kaum etwas übrigblieb“, erzählt Hacke. Die Konzentration auf zwei Standorte sollte sich schnell auszahlen: „Fortan ging es bergauf, und wir haben mit 14 Mitarbeitern gutes Geld verdient.“

 

Die Wende war nicht zuletzt einem aufwendigen Marketing zu verdanken. Dazu hatte der heute 52-jährige Unternehmer ein klares Ziel definiert: „Wenn die Kunden das Wort Bäcker hören, müssen sie an die Bäckerei Hacke denken.“ Dann legte er los und stellte etwa eine Veranstaltung zum Vatertag mit Bauchtänzerinnen auf die Beine.

 

Das war der Auftakt zu einem ereignisreichen Jahr mit weiteren Kampagnen wie einem Tag der offenen Tür, einer langen Nacht des Backens oder Rockkonzerten in der Backstube. Das Trommeln aus Meinersen blieb auch den regionalen Medien nicht verborgen und mündete schließlich in eine Livesendung von „Hit-Radio Antenne Niedersachsen“ aus der Bäckerei.

 

Parallel dazu trieb Torsten Hacke, den der „Feinschmecker“ zu den besten 500 Bäckern Deutschlands zählt, das Liefergeschäft kräftig voran, sodass der Betrieb rund 40 Hotels in den Regionen Gifhorn, Wolfsburg, Celle und Hannover zu seinen Kunden zählte.

 

Damit war 2014 Schluss. Der Grund: „Wir mussten 365 Tage im Jahr liefern“, sagt Hacke. Doch die so entstandene Lücke ist längst geschlossen: Inzwischen bestückt die Handwerksbäckerei 22 Betriebsrestaurants des gehobenen Segments in Hannover.

 

Torsten Hackes Plan, mit Qualität und gutem Marketing bei den Kunden zu punkten, ist fraglos aufgegangen. Davon zeugt nicht zuletzt seine zweimalige Ernennung zum „Kulinarischen Botschafter Niedersachsachsens“ für ausgezeichnete Brote und Zuckerkuchen aus dem Holzbackofen. Manchmal muss es halt eine Revolution sein.

Erstveröffentlichung: Allgemeine BäckerZeitung (www.abzonline.de)