Der Dorfbäcker vom Spreeufer

So viel steht fest: Es ist ein Projekt mit ungewissem Ausgang. Alles andere steht in den Sternen. Selbst Mattis Harpering weiß noch nicht, wie sich das Experiment entwickeln wird. Der 30-jährige Bäckermeister hat am 1. Mai in Berlin-Friedrichshain seine „Backpfeife“ eröffnet. Hier, auf dem Holzmarkt-Gelände am Spreeufer, ist eine Art Künstlerdorf entstanden, in dem sich auch Händler und Handwerker angesiedelt haben. Und Harpering ist der Dorfbäcker.

Die einer Holzhütte untergebrachte Schaubäckerei, in der ausschließlich biologisch erzeugte Rohstoffe und Zutaten verarbeitet werden, ist sicher der originellste Betrieb der Hauptstadt. Aber wer sind die Kunden beziehungsweise die Laufkundschaft auf dem nicht gerade zentral gelegenen Areal? „Momentan kommen vor allem die Leute hier vom Holzmarkt und viele Touristen zu mir“, sagt Harpering, der im elterlichen Bio-Betrieb in Gleichen bei Göttingen gelernt und zuletzt bei Märkisches Landbrot in Berlin sowie in der ufa-Bäckerei gearbeitet hat.

Ob des ungewissen Ausgangs probiert sich Mattis Harpering derzeit in vielen Richtungen aus. Sein Standardsortiment besteht aus drei Sorten Weizen- und Roggenbrot mit Langzeitführung, einem Dinkelbaguette und Dinkelbrötchen mit Hefe, die drei Tage in der Kühlung bleiben.Der Schwerpunkt liegt momentan auf dem Snackgeschäft: Von seinen belegten Stullen kann er gar nicht auf den Tresen stellen. Eine sichere Bank ist zudem ein Restaurant auf dem Holzmarkt, das Harpering jeden Tag mit einer ordentlichen Ladung Burger-Brötchen beliefert.

Fürs Kuchenbacken hat der Einzelkämpfer, der den Gründer von Märkisches Landbrot, Joachim Weckmann, als Mentor an seiner Seite weiß, in dieser „totalen Experimentierphase“ noch keine Zeit. Die süßen Backwaren bezieht Harpering deshalb von einer ebenfalls auf dem Holzmarkt angesiedelten Patisserie. Stattdessen möchte er das Geschäft mit den Touristen, die vor allem nach Brezeln, Croissants und Keksen fragen, ausbauen.

Luft nach oben ist zudem im Snackbereich – zum Beispiel für ein Frühstücksangebot, einen Mittagstisch mit Suppe oder Flammkuchen am Wochenende. Und im Winter, wenn sich weniger Touristen ins Künstlerdorf verlieren, könnten Backkurse hinzukommen. Außerdem spielt der junge Unternehmer mit dem Gedanken, Wochenmärkte zu beliefern. Obwohl in der „Backpfeife“ noch so viel in den Sternen steht, gibt sich Mattis Harpering, der die Backstube zusammen mit seinem Vater gebaut hat, entspannt: „Wenn der Betrieb irgendwann in der Lage ist, zwei oder drei Familien zu ernähren, reicht das völlig aus.“

Erstveröffentlichung: Allgemeine BäckerZeitung (www.abzonline.de)