Glutenfrei – und keiner schmeckt es

„Ist das glutenfrei?“ Diese Frage konnten Horst und Ines Voh mit Ja beantworten. Das war im Frühjahr 2010. Einige Tage zuvor hatten der Wilmersdorfer Bäckermeister und seine Frau ein kleines Bioeis-Café eröffnet, das sich bei Menschen mit Zöliakie schnell herumsprach. Die nächste Frage der Kunden ließ sich nicht lange auf sich warten: „Können Sie nicht auch mal glutenfreien Kuchen backen?“ Wiederum konnten die Vohs mit Ja antworten und legten damit den Grundstein zu Berlins erster komplett glutenfreier Bäckerei und Konditorei.

Glutenfrei und viel Spaß dabei: Horst und Ines Voh

Der Quantensprung kam im Frühjahr 2011: Nach einem Artikel in der Mitgliederzeitschrift der Deutschen Zöliakie-Gesellschaft, in dem ein Kunde für das Café geworben hatte, konnten sich die Vohs vor Anfragen kaum noch retten. Zwar heißt der Betrieb im Stadtteil Friedenau nach wie vor „Eis Voh“, doch längst stehen Brot, Kuchen und Torten im Mittelpunkt des Sortiments. „Und zwar solche, bei denen der Kunde nicht schmeckt, dass sie glutenfrei sind“, betont Horst Voh.

In den Anfangsjahren setzte der 59-jährige Bäckermeister bei Brot und Brötchen vorwiegend auf Mais, Reis und Buchweizen. Inzwischen dominiert ein anderer Rohstoff das Geschehen in der kleinen Backstube: äthiopisches Teff-Mehl, das auch als Zwerghirse bekannt ist. Gemischt mit Reis- und Buchweizenmehl stellt Voh daraus wohlschmeckende Sauerteigprodukte her, die auch bei einer wachsenden Zahl von Hauptstadt-Touristen hoch im Kurs stehen und überdies im gerade eröffneten Online-Shop verkauft werden.

Wem läuft da nicht das Wasser im Munde zusammen?

Dasselbe gilt für das mittlerweile auf rund 50 Sorten angewachsene Kuchen- und Tortenangebot der Familie Voh, das auch sechs vegane Varianten enthält. Einen Teil davon, zum Beispiel seine Zitronenrolle, backt Horst Voh ausschließlich mit dem japanischen Komeko-Mehl. Diese Mischung aus mehreren Reismehlen ist in drei Mahlgraden für Brot, Blätterteig und Kuchen erhältlich und zeichnet sich durch eine besondere Klebefähigkeit aus. „Das lässt sich fast so gut wie Weizenmehl verarbeiten, und zwar ohne die Zugabe von Bindemitteln“, berichtet der Meister, der von 1992 bis 1997 in Japan deutsches Brot gebacken hat.

Als Beimischung kommt Komeko, welches ebenso wie das Teff-Mehl mit 4 Euro pro Kilo zu Buche schlägt, in allen Kuchen zum Einsatz. Darüber freut sich etwa Vohs Marmorkuchen, der auf diesem Weg deutlich länger saftig und frisch bleibt. „Das ist fantastisch“, schwärmt der Handwerksmeister, der seinen Arbeitsplatz erst morgens gegen 7 Uhr betritt, dann aber den ganzen Tag backt und zurzeit von der italienischen Praktikantin Cecilia d‘ Agostino unterstützt wird.

Unterstützung aus Italien: Cecilia d’ Agostino

Eis Voh ist zwar als erste glutenfreie Bäckerei in ganz Berlin bekannt, profitiert aber genauso vom Image des Kiezbäckers. „Weil man sich an unsere Backwaren nicht erst gewöhnen muss, kommt ein großer Teil der Kunden auch aus der unmittelbaren Nachbarschaft“, erzählt Ines Voh, die den Laden und das Café führt – und als passionierte Hobbybäckerin weiß, wovon sie spricht.

Erstveröffentlichung: Allgemeine BäckerZeitung (www.abzonline.de)