Happy birthday: Der Brotgarten feiert seinen 40. Geburtstag!

Im Frühjahr 1978 fanden sich in der Charlottenburger Seelingstraße 30 vier Männer und eine Frau zusammen, die ein gemeinsames Ziel hatten: Sie wollten backen – und gründeten kurz darauf die Vollkornbäckerei „Brotgarten“. Dass dieser Ort einmal zur Keimzelle bedeutender Berliner Bio-Betriebe mutieren würde, ahnte damals niemand von ihnen.

 

Aber so sollte es kommen: Aus dem Brotgarten sind zum Beispiel die beiden größten Bio-Bäckereien der Region Berlin-Brandenburg – Märkisches Landbrot und BioBackHaus – sowie die ufa-Bäckerei und der inzwischen geschlossene Kreuzberger Brotgarten hervorgegangen. Etwas früher dran waren lediglich Heinz und Mucke Weichardt, die ihre Demeter-Bäckerei 1977 gegründet haben.

 

In der Seelingstraße ist man am 40. Geburtstag zu Recht stolz: Der relativ kleine und nach wie vor kollektiv geführte Betrieb mit vegetarischem Bistro und nur einem Standort behauptet sich weiterhin bestens gegenüber den ehemaligen Mitstreitern und weiteren großen Playern. Gewiss auch deshalb, weil er sich zum Kieztreffpunkt entwickelt hat, der dem Mikrokosmos unweit des Charlottenburger Schlosses seinen Stempel aufdrückt.

 

Reinhard Greten trat 1984 in das selbstverwaltete Unternehmen ein und kennt dessen Historie aus dem Effeff. „Anfangs gab es das Ladengeschäft noch nicht, und zu den ersten treuen Kunden gehörten die Bewohner der umliegenden besetzten Häuser“, erzählt der Bäcker- und Konditormeister mit niedersächsischen Wurzeln. Darüber hinaus waren die Gründer mit Fahrrädern und Körben unterwegs, um ihre Produkte auf Festivals oder anderen Veranstaltungen feilzubieten.

 

Mitte der achtziger Jahre wuchs der Kundenstamm dann um die damals aufkommenden Bio-Läden. Das erste Sortiment der jungen Leute, die einen über Jahre verwaisten Betrieb von 1890 mit einem gemauerten Ofen übernommen hatten, war überschaubar: Fünf Kastenbrote und ein paar süße Stücken wie die heute noch beliebten „Energiebällchen“ mussten für den Anfang reichen.

 

Vom einzigen Fachmann an Bord lernten die Kollektivisten schließlich, wie freigeschobene Brote gewirkt werden oder deren Gare bestimmt wird. „Das Prinzip lautete, jeder macht alles, also vom Backen bis zur Buchführung“, erinnert sich Greten (58), einer der drei heutigen geschäftsführenden Gesellschafter.

 

Diese Struktur bewährte sich über zwei, drei Jahre. Dann traten die ersten privaten und betrieblichen Konflikte auf. „Zum Beispiel darüber, ob Kunden wie das KaDeWe beliefert werden sollten, die ja eigentlich als Klassenfeind galten“, sagt Reinhard Greten. In der Folge kam es auch zu Abspaltungen, die unter anderem zur Gründung der eingangs erwähnten Unternehmen führten.

 

Den wachsenden Erfolg des Brotgartens, der auch auf sechs Berliner Wochenmärkten Flagge zeigt, konnte diese Entwicklung nicht bremsen. Und alles deutet darauf hin, dass es in den kommenden 40 Jahren so weitergehen wird.

 

Die Nachfolge ist jedenfalls schon einmal geregelt: Zum Geburtstag hat der Betrieb vier weitere, junge Gesellschafter aus dem eigenen Haus aufgenommen, die nach und nach das Ruder übernehmen sollen. Für Reinhard Greten ist das „ein großes Glück“.

Erstveröffentlichung: Allgemeine BäckerZeitung (www.abzonline.de)