Mit Idealismus und Bio liebevoll eine Nische besetzt

An der Versorgung mit Backwaren mangelt es der kleinen Kreisstadt Herzberg in Südbrandenburg nicht: Rund zehn Anbieter buhlen um die Gunst der 7.000 Einwohner. Aber nur einer davon verkauft Backwaren, die vor Ort hergestellt werden – das „Plätzchen“. Mit ihrem 2010 eröffneten Betrieb, zu dem auch ein Café in Wohnzimmergröße gehört, haben Christian Graf und seine Frau Nicole Thinius eine Nische besetzt und sich schnell einen treuen Kundenstamm aufgebaut.

Wenn es nach dem 37-jährigen Bäckermeister und seiner 39-jährigen Frau ginge, würden in der Backstube ausschließlich Bio-Produkte hergestellt. „Das geht aber noch nicht, sonst würden wir an unserer Überzeugung sterben“, sagt der dreifache Familienvater, in dessen  Familie seit fünf Generationen gebacken wird. Immerhin: Bis auf zwei Ausnahmen kann sich das Brotsortiment mit dem Bio-Zertifikat schmücken. Außerdem werden die Brötchen und ein Teil der Kuchen und des Kleingebäcks unter ökologischen Gesichtspunkten produziert.

Wenn Christian Graf, der einen Gesellen beschäftigt, nicht seine heutige Frau kennengelernt hätte, wäre das „Plätzchen“ vermutlich niemals eröffnet worden. Denn nach Stationen in zehn Bäckereien zwischen Dresden und der Schweiz hatte er zuletzt seinen Traumjob in einem Handwerksbetrieb im oberfränkischen Bamberg gefunden. Doch nach einem Jahr Fernbeziehung Berlin-Bamberg war das Thema erledigt.

Graf setzt konsequent auf Monokomponenten und ein schmales Sortiment, von dem abends in Regel nichts mehr zu sehen ist. „Ich arbeite nicht für die Tonne“, lautet sein Credo. Wichtig ist ihm zudem das Thema Regionalität. So bezieht er den in Brandenburg angebauten Roggen, Weizen und Dinkel von einer kleinen Mühle in der Nähe von Herzberg und die Eier von einem benachbarten Bauernhof. Dasselbe gilt für Obst, Kräuter und Gemüse, das Familien mit großen Gärten liefern. Allein die Mehle aus Urgetreide müssen eine längere Strecke zurücklegen.

Um die Mittagszeit füllt sich das von Nicole Thinius liebevoll mit antiken Möbel eingerichtete Café, das täglich Frühstück sowie zwei wechselnde Gerichte mit vielen regionalen Bio-Zutaten anbietet. Die gut zehn Plätze sind schnell belegt. Das Thema Ökologie und Nachhaltigkeit zieht sich durch den gesamten Betrieb, der drei Bio-Läden, ein Hotel-Restaurant, eine Pflegeeinrichtung sowie ein Museumsdorf mit einem Erdgasfahrzeug beliefert. „Wir arbeiten mit einer riesigen Portion Idealismus“, bringt Christian Graf die Ausrichtung des Betriebs auf den Punkt. Das ist offenbar ganz im Sinne der Kunden.

Erstveröffentlichung: Allgemeine BäckerZeitung (www.abzonline.de)

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