Mit Unterstützung von oben

2003 war der Ofen aus. Bis dahin stand Schwester Columba Nacht für Nacht in der Backstube des Dominikanerinnen-Klosters Wettenhausen im schwäbischen Landkreis Günzburg – zuletzt unterstützt von einem pensionierten Bäckermeister. So konnten sich die Ordensfrauen, aber auch die Schüler des angegliederten Internats täglich über Brot und Brötchen aus eigener Herstellung freuen. Und am Wochenende kamen zudem die in der Nähe des Klosters lebenden Menschen in den Genuss handwerklich hergestellter Backwaren.

Nach dem Tod der Nonne war dieses Kapitel des 1865 gegründeten Ordens „Zur heiligen Rosenkranzkönigin“ Geschichte. „Die Priorin hatte entschieden, keinen externen Bäcker einzustellen, sondern das Brot fortan zu kaufen, zumal auch der Ofen defekt war“, erzählt Stefan Heins. Dem 28-jährigen Wirtschaftsingenieur ist es zu verdanken, dass der 1964 gebaute Dampfbackofen nun wieder ein paar Mal im Jahr angeheizt wird.

Stefan Heins ist seit seinem 13. Lebensjahr leidenschaftlicher Hobbybäcker, der es zu einer gewissen Professionalität gebracht hat und inzwischen über eine Ausnahmebewilligung gemäß Paragraf 8 der Handwerksordnung verfügt. 2015 war er auf der Suche nach einem Kneter. Einen solchen entdeckte er am „Tag des offenen Denkmals“ in der ausgedienten Bäckerei der romanischen Klosteranlage mit einer Stiftskirche aus dem 15. Jahrhundert – und wollte ihn kurzerhand kaufen.

Bei näherer Betrachtung stellte sich jedoch heraus, dass die intakte Maschine für seine Bedürfnisse viel zu groß war. „So entstand aber die Idee, den Betrieb wenigstens zeitweise wieder zu beleben“, erzählt Heins von seinen Gesprächen mit dem Förderverein des im Jahr 1130 von Augustinerchorherren gegründeten Klosters in Mittelschwaben.

Von der technischen Seite her stand dem Plan zunächst nichts im Weg: Hub- und Spiralkneter, Anschlagmaschine, Teigteiler, Ausrolle und Langwirker waren in einem tadellosen Zustand – über die Jahre des Stillstands hinweg liebevoll gepflegt und bewahrt von den Ordensfrauen, die sich dem Wirken des Heiligen Dominikus verpflichtet fühlen.

Allein der betagte Ofen wollte nicht mehr so recht. „Wegen der verkalkten Rohre war die Schwadung defekt“, berichtet Stefans Heins, der schon als Knirps seiner Großmutter und Mutter beim Backen über die Schulter geschaut hat. Doch auch dieses Hindernis war relativ schnell aus dem Weg geräumt: Der Hersteller MIWE zeigte sich angetan von dem Oldtimer und erklärte sich bereit, die Reparatur des betagten Modells zum Nulltarif zu übernehmen.

Seitdem steht der junge Wirtschaftsingenieur aus Röfingen, der sich in seiner Masterarbeit mit dem Thema „Untersuchung von Teigkühlsystemen in Bäckereien“ beschäftigt hat, zu besonderen Anlässen und Festen in der wiederbelebten bayerischen Klosterbackstube 25 Kilometer östlich von Ulm.

Stefan Heins backt nach den von Schwester Columba und ihren Vorgängerinnen überlieferten Rezepten, erweitert das Sortiment aber stetig um eigene Kreationen. Im Mittelpunkt steht das Wettenhausener Klosterbrot, ein reines Roggenbrot, das bei den Nonnen und Mitarbeitern des Ordens ebenso hoch im Kurs stand wie bei den Schülern des Internats.

Beim bevorstehenden Adventsmarkt in den historischen Klostermauern werden die Besucher demnächst auch wieder in den Genuss von Weizenmischbroten, Hefezöpfen sowie weihnachtlichem Gebäck in Form von Lebkuchen mit Honig von den eigenen Bienen, Stollen, Hutzelbrot und schwäbischen „Springerle“ aus den alten Holzmodeln der Ordensbäckerei kommen.

Ob Heins künftig mehr als nur drei- oder viermal im Jahr backen und regelmäßig Kurse anbieten wird, hängt derzeit von einer Entscheidung des Landratsamtes Günzburg ab. Dabei geht es um die Frage, ob es sich bei der Bäckerei um einen Gewerbebetrieb mit „Gewinnerzielungsabsicht“ handelt, der in die Handwerksrolle einzutragen ist oder nicht. Die zuständige Handwerkskammer mochte über den kniffligen Fall nicht abschließend befinden und leitete ihn an die Kreisverwaltung weiter.

Wie auch immer der Bescheid der Behörde ausfallen mag: Heins sowie der Förderverein des Klosters Wettenhausen und die derzeit elf Schwestern möchten keinen kommerziellen Betrieb errichten. „Und keinesfalls“, stellt Stefan Heins klar, „wollen wir einem Bäcker hier in der Gegend Konkurrenz machen“.

Erstveröffentlichung: Allgemeine BäckerZeitung (www.abzonline.de)