Eine Frau geht ihren Weg

Vor zwei Wochen hat Janine Nikol einen von fünf Standorten geschlossen – der Personalmangel in der Backstube und im Verkauf ließ ihr keine andere Wahl. Davon lässt sich die 38-jährige Inhaberin der Feinbäckerei Nikol in Cunewalde in der Oberlausitz jedoch nicht aus der Fassung bringen: Seit der Übernahme des elterlichen Betriebs im Januar 2017 geht sie unbeirrbar ihren Weg. So steinig er auch sein möge.

Die Schließung der Filiale im knapp 500 Einwohner zählenden Rodewitz ist für die alleinerziehende Mutter eines fünfjährigen Sohnes, aber auch für ihre nach wie vor aktiven Eltern und den einzigen Gesellen eine große Erleichterung. Montags und dienstags steht Janine Nikol selbst in der Backstube, damit ihr Vater Berndt (58) und der Geselle, „der immer an meiner Seite ist“, auch einmal frei haben.

„Mein Vater würde gerne in den Ruhestand gehen, aber ich finde keinen zuverlässigen Nachfolger für ihn“, sagt die Bäckermeisterin und Betriebswirtin des Handwerks, die ihre Prüfung als beste Auszubildende im Landkreis Bautzen abgeschlossen hat. Unter einer großen Arbeitsbelastung steht auch ihre Mutter Gabriele, die den Verkauf im Hauptgeschäft und im Vorkassenbereich eines „Nahkauf“-Marktes mit überdurchschnittlichen Engagement managt.

Vor diesem Hintergrund sieht die Unternehmerin in der Schließung des Rodewitzer Fachgeschäfts auch ihr Gutes: „Wir haben jetzt weniger Stress und damit die Chance, kleiner und feiner zu werden und öfters etwas Neues auszuprobieren.“ Denn eigentlich wollte sie schon immer durchgängig nach „Clean Label“ produzieren und auf halbgebackene Waren verzichten, „aber ohne Manpower ist das nicht zu machen“.

Mehr Zeit möchte Janine Nikol jetzt auch in die Schulung ihrer Verkäuferinnen investieren. Sie sollen ein größeres Bewusstsein für eine umfassendere Beratung und Überzeugung der Kunden entwickeln – und durch eine höhere Motivation den Umsatz ankurbeln.

„Bisher können wir uns trotz aller Probleme noch ganz gut halten“, sagt Nikol, die eine demonstrative Gelassenheit an den Tag legt. Daran führt auch kein Weg vorbei, denn als Patientin mit der Diagnose „Diabetes Typ 1“ steht die Gesundheit an erster Stelle. Und dank ihrer Besonnenheit wird der Bäckermeisterin auch beim Blick in die Zukunft nicht bange: „Wenn es irgendwann nicht mehr laufen sollte, wird sich eine neue Tür öffnen.“

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