Fladenbrot war gestern, Yufka ist heute

Seinen Vater Ibrahim zu überzeugen, kostete Ferdi Temür etwa Mühe. Aber es ist ihm gelungen: Im Jahr 2002 hat sich die Kreuzberger Bäckerei BIR-TAT von der Fladenbrot-Herstellung verabschiedet. Seither produziert der kleine türkische Betrieb fast ausschließlich Yufka – jenen hauchdünnen orientalischen Teig, der beispielsweise für Börek verwendet wird.

„Ich wollte damals unbedingt etwas Neues machen, und Yufka war eine Marktlücke“, erzählt der 37-jährige Unternehmer, der das Handwerk bei seinem Vater gelernt hat.  Mit diesem Gespür für das auf einer Platte halbgebackene, noch nicht einmal ein Millimeter dicke Produkt lag Türmer offenbar goldrichtig: Rund 700 Kilo verkauft die bio-zertifizierte Bäckerei davon jeden Tag. „Und am Wochenende kommen wir sogar oft auf eine Tonne.“

Zu den wichtigsten Kunden in Berlin und Brandenburg gehören große türkische Lebensmittelmärkte und Bio-Supermärkte, mit deren Ausbreitung auch BIR-TAT gewachsen ist. Darüber hinaus beliefert der Betrieb, der die Herstellung konventioneller und ökologischer Backwaren unter einem Dach vereint, kleine Bäckereien und Cateringunternehmen. Und im Kreuzberger Ladengeschäft deckt die Privatkundschaft sich mit Yufka ein.

Der ohne Hefe produzierte Teig ist die Ausgangsbasis für zahlreiche wohlschmeckende Produkte. Neben Börek lassen sich damit auch Knusperstangen, Apfelstrudel, Lasagne oder die türkische Spezialität Gözleme zubereiten. Vor der Umstellung des Betriebs wollte Ferdi Temür aus erster Hand erfahren, wie sich Yufka in höchster Qualität herstellen lässt: „Ich habe sechs Monate in einer kleinen Handwerksbäckerei in Istanbul gearbeitet, um das von der Pike auf zu lernen.“

Die Kunst liegt vor allem darin, den dünnen Teig so zu behandeln, dass keine Löcher entstehen. Diese knifflige Aufgabe übernehmen bei BIR-TAT natürlich längst Maschinen. Ibrahim und Ferdi Türmer beschäftigen sieben Mitarbeiter und würde gerne noch mehr einstellen. Aber das fällt ihnen genauso schwer, wie den meisten deutschen Bäckereien.

„Wir fangen erst um 6 Uhr an und finden trotzdem kaum Leute“, sagt der Junior. So bleibt ihm seit einem halben Jahr nichts anderes übrig, als wieder tatkräftig in der Produktion mitzuarbeiten, obwohl er dafür eigentlich keine Zeit hat. Die bräuchte er zum Beispiel für die Entwicklung eines neuen Produkts namens Katmer.

Der ebenfalls sehr dünn ausgerollte Teig, aus dem auch Brot in der Pfanne gebacken werden kann, wird oft mehrfach gefaltet und erhält somit den Charakter eines Croissants, der süß oder herzhaft gefüllt wird. Darin sieht Ferdi Türmer wieder eine Marktlücke. 2020 soll es losgehen – Vater Ibrahim ist bereits überzeugt.

Erstveröffentlichung: Allgemeine BäckerZeitung (www.abzonline.de)

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