„Eine Bäckerei sollte ein Spezialgeschäft sein“

Fast wäre dem Leipziger Stadtteil Connewitz eine sympathische kleine Kiezbäckerei entgangen. Denn vor der Eröffnung ihrer „Naturbackstube Connewitz“ hatten der Bäckermeister und Koch Holger Martens und die promovierte Ernährungswissenschaftlerin und Köchin Stephanie Himmerich etwas anderes im Sinn – ein Restaurant.

 

Zahlreiche Bewohner der „linksalternativen Hochburg“ im Süden der sächsischen Metropole dürften froh sein, dass aus diesem Plan nichts geworden ist. Und Martens und Himmerich sind es inzwischen auch – denn der im August 2014 eröffnete Betrieb mit seiner nur 20 Quadratmeter großen Backstube läuft bestens.

Nach einem ohnehin guten Start konnte Holger Martens sich im Herbst 2015 für „Deutschlands beste Bäcker“ qualifizieren und schied erst im Halbfinale gegen Markus Steinleitner aus. „Etwas Besseres hätte uns nicht passieren können, und davon zehren wir noch heute“, stellt der 36-Jährige fest.

Nach seiner Ausbildung zum Bäcker hatte Martens erst einmal genug von diesem Beruf: „Ich wollte nie wieder so früh aufstehen.“ Das sieht der Mann mit dem markanten Vollbart inzwischen ganz anders: „Nachts um halb drei anzufangen ist nun genau die richtige Zeit, da kann ich in Ruhe arbeiten.“

 

Wie der Name „Naturbackstube“ erahnen lässt, setzt Holger Martens ausschließlich auf sein handwerkliches Können. Außerdem legt er Wert auf regionale Rohstoffe und Zutaten, die er vorwiegend im Großraum Leipzig und im Vogtland einkauft. „Ich möchte zum Beispiel keine Hefe aus der Ukraine beziehen, das ist mir wichtiger als Bio.“

 

Wichtig ist ihm zudem der komplette Verzicht auf Weizen. Nicht, dass er etwas gegen diese Mehle hätte. Es geht ihm vielmehr darum, sich so von seinen Connewitzer Mitbewerbern abzusetzen. Und er setzt mehr und mehr auf Urgetreide wie Einkorn, Emmer und Buchweizen. „Viele Kunden kommen zu uns, weil wir hier etwas Besonderes bieten“, weiß Martens, der alleine in der kleinen Backstube steht.

 

Seine Lebensgefährtin Stefanie Himmerich steht meistens nicht weit von ihm entfernt in der Küche, wo sie täglich einen Mittagsimbiss zubereitet und das Catering für Geschäftsfrühstücke, kleine Konferenzen oder Firmenfeiern kreiert. Außerdem meistert die 41-jährige Oecotrophologin einen weiteren Job: die ungeliebte Bürokratie.

 

„Eine Bäckerei sollte ein Spezialgeschäft mit relativ wenigen Produkten sein“, lautet das Credo des jungen Unternehmers. „Ich kann und will nicht jeden Kundenwunsch erfüllen“. Und er ist froh, wieder in seinen ursprünglichen Beruf zurückgekehrt zu sein. „Ich bin mit Leidenschaft dabei und freue mich im Urlaub schon wieder auf den Geruch der Vorteige.“

Erstveröffentlichung: Allgemeine BäckerZeitung (www.abzonline.de)