Mit dem Rad zum Klinkenputzen

Ihre ersten Kuchen und Torten hat Viktoria Fernandez nicht nur selbst gebacken, sondern auch höchst persönlich ausgeliefert – mit dem Fahrrad. Das war im Jahr 2003. Damals war die gebürtige Spanierin neu in Berlin und fest überzeugt, dass die Stadt noch mindestens eine weitere, international geprägte Konditorei vertragen könnte. Mit dieser Einschätzung lag sie richtig. Heute betreibt Fernandez zwei Cafés in Wilmersdorf und Friedenau (ein drittes folgt demnächst in Kreuzberg) sowie ein florierendes Liefergeschäft, das 50 Prozent zum Umsatz beiträgt.

 

Torten sind ihre Leidenschaft: Viktoria Fernandez. Foto: Martin Blath

Torten sind ihre Leidenschaft: Viktoria Fernandez

Am Anfang gab es jedoch erst einmal Ärger mit den Behörden, die nach der Anzeige einer Nachbarin bei der Frau aus Galicien vorstellig wurden. Dass in Deutschland nicht jeder einfach so backen und verkaufen darf, wusste sie nicht. Also beantragte sie eine Ausnahmegenehmigung, die nach langem hin und her auch erteilt wurde. Inzwischen haben Profis das Geschehen in der Backstube ihres Innungsbetriebs namens „Frau Behrends Torten“ übernommen: Sieben Konditoren und Bäcker – unterstützt von drei Auszubildenden – sorgen dafür, dass die Kunden unter rund 50 Kuchen und Torten wählen können.

Vor dem Start ihres ersten Ladens im Stadtteil Friedenau, der zunächst nur sonntags drei Stunden geöffnet war, versorgte die gelernte Friseurin Cafés und Restaurants in der näheren Umgebung mit ihren Backwaren. „Bis es soweit war, musste ich kräftig Klinkenputzen“, erzählt Viktoria Fernandez, die insgesamt 30 Mitarbeiter beschäftigt. Das hat sie heute nicht mehr nötig, denn rund 100 Kunden – darunter die Deutsche Oper sowie Hotels und Firmen – stellen das Liefergeschäft auf eine solide Basis.

„Deutschland hat eine riesengroße Kuchenkultur, die es in anderen Ländern Europas, vor allem in den südlichen, nicht gibt“, sagt die 49-jährige Unternehmerin, die das Backen von ihrer Mutter gelernt und bereits im Alter von vier Jahren ihren ersten Zitronenkuchen kreiert hat. „Das liegt mir einfach im Blut.“ Fernandez, die auch noch selbst in der Backstube steht, legt Wert auf die Feststellung, dass in ihrem Betrieb keine Backmischungen zum Einsatz kommen, sondern von den Böden über die Schokolade bis hin zur Tortencreme alles selbst hergestellt wird. Das schätzt die qualitätsbewusste Kundschaft aller Altersstufen, die für ein Stück Kuchen oder Torte zwischen 2,60 und 4 Euro bezahlt.

Das Sortiment von „Frau Behrends Torten“ ist von internationalen Einflüssen geprägt und berücksichtigt auch die Bedürfnisse von Menschen mit einer Lactose- oder Glutenunverträglichkeit. Neben zahlreichen (deutschen) Klassikern umfasst die Auswahl natürlich auch Produkte mit spanischen Wurzeln, wie etwa eine andalusische Möhrentorte oder eine Mandel-Vanille-Torte mit Früchten – aber Exoten aus Indien, in den Ananaslinsen für ungewöhnliche Geschmackserlebnisse sorgen.

„Wir experimentieren sehr gerne quer Beet“, sagt Viktoria Fernandez, „und darüber freut sich gerade auch unsere ältere Kundschaft“. Wenn die am frühen Nachmittag in Wilmersdorf und Friedenau Platz nimmt, sind andere Gäste schon satt. Denn die Zeit bis dahin überbrücken die Cafés mit Suppen, Eintöpfen und Salaten.

Erstveröffentlichung: Allgemeine BäckerZeitung (www.abzonline.de)