„Gemeinsam gegen Billiganbieter stellen”

Ist die Umstellung der Produktion auf Bio langfristig die einzige Möglichkeit, als Handwerksbäcker zu überleben, wie kürzlich einer Ihrer konventionell produzierenden Kollegen meinte?

Nein, das denke ich nicht. Es geht sicher auch eine Nummer kleiner. Zum Beispiel, indem konventionelle Betriebe sich wieder mehr auf ihr handwerkliches Können besinnen, also etwa auf Fertigsauerteig oder Backmischungen verzichten und sich damit deutlich am Markt positionieren. In gewisser Weise ist das in der heutigen Zeit ja schon ein Alleinstellungsmerkmal, mit dem man sich abheben kann. Es gibt nach wie vor viele sehr gute konventionelle Bäcker, die vormachen, wie das funktioniert und das auch aktiv kommunizieren.

 

Reinhard Greten ist Mitinhaber der Bio-Bäckerei Brotgarten

Wäre es nicht sinnvoll, wenn die Handwerksbetriebe beider Sparten an einem Strang gegen Ketten und Discounter ziehen würden?

Natürlich wäre das sinnvoll. Die guten Bäckereien müssen sich gemeinsam gegen die Billiganbieter stellen. Unterm Strich spielt es da keine Rolle, ob jemand konventionell backt oder Bio-Produkte herstellt. Es geht doch darum, gemeinsam bei den Verbrauchern das Bewusstsein zu schaffen, dass Qualität, die diese Bezeichnung verdient, von den Handwerksbetrieben kommt. Von denen geht schließlich die deutsche Brotkultur aus.

Lassen Sie uns noch einmal auf die Alleinstellungsmerkmale zurückkommen. Was ist hier außer Qualität noch möglich?

Aus meiner Sicht wird es immer wichtiger, als „Bäcker um die Ecke“ ein intensives, glaubwürdiges Vertrauensverhältnis zu den Kunden aufzubauen und zu pflegen. Der persönliche Kontakt zum Kunden ist enorm wichtig. Das ist unser großes Plus, an dem ein Supermarkt oder eine Kette nicht vorbeikommt. Wenn uns das gelingt, zahlen die Kunden auch gerne etwas mehr.

Wie ist es denn um den Wettbewerb bei den Bio-Bäckern bestellt?

Unsere Ursprungsidee war ja, Bio-Produkte möglichst großflächig zu verbreiten. Dieses Ziel haben wir mehr und mehr erreicht, aber natürlich mit dem Nachteil, dass der Wettbewerbsdruck immer größer wird. Deshalb wird es für uns als kleiner Kiezbäcker, der zunehmend von Bio-Supermärkten umgeben wird, auch immer schwerer. Anfangs war es noch so, dass wir als Charlottenburger Betrieb Anfragen von Bio-Läden aus Neukölln, die von uns beliefert werden wollten, an Neuköllner Kollegen weitergeleitet haben. Das geht heute natürlich nicht mehr.

Was ist heute noch anders als vor 30 Jahren?

In erster Linie das Sortiment, weil die Ansprüche der Kunden sich im Laufe der Jahre geändert haben. Daraus ergab sich die Notwendigkeit, deutlich mehr Produkte anzubieten als vor 10 oder 15 Jahren, uns hier also den konventionellen Bäckereien anzupassen. Die meisten Bio-Betriebe stellen inzwischen ja auch Baguette oder Ciabatta aus Auszugsmehl oder auch Laugengebäck her. Die Zeiten, in denen ausschließlich Vollkornprodukte verlangt wurden und es keine Rolle spielte, ob das Brot frisch oder vom Vortag war, sind längst vorbei.

Und Sie haben im Laufe der Jahre weitere Zielgruppen hinzugewonnen.

Ja, in erster Linie ernährungsbewusste junge Familien, aber auch zunehmend ältere Menschen, die sagen, dass es bei uns wie früher schmeckt. Das freut uns dann natürlich ganz besonders.

Wie beurteilen Sie das Wachstum des Marktes für Bio-Backwaren?

Man kann sicher sagen, dass der Markt boomt. Allerdings ist es fraglich, ob kleine Handwerksbetriebe wie wir davon profitieren werden.

Erstveröffentlichung: Allgemeine BäckerZeitung (www.abzonline.de)