Auch die Chinesen lieben Andy’s Bakery

Nach einer Walz der etwas anderen Art ist Andreas Weih 2007 sesshaft geworden – in Peking. Dorthin hatte es den Bäcker- und Konditormeister als Produktionsleiter der Niederlassung eines schweizerischen Herstellers industrieller Backwaren verschlagen. Nach fünf Jahren hatte Weih genug von gefrosteten Teiglingen, besann sich auf die handwerklichen Wurzeln des Berufs und eröffnete seinen eigenen Betrieb: Andy’s German Bakery.

 

Auch bei Chinesen sehr beliebt: Andys deutsches Brot. Foto: privat

Die Walz des heute 52-Jährigen begann 1999 mit dem Konkurs der Bäckerei seines Schwiegervaters am Fuße des Thüringer Waldes. Von heute auf morgen stand Andreas Weih mit leeren Händen da und nahm das Angebot einer Berliner Industriebäckerei an, in den USA ein Joint-Venture aufzubauen. In Amerika blieb er ebenfalls fünf Jahre, bevor ihn Rufe aus Nordrhein-Westfalen, Moskau schließlich aus Peking ereilten.

Der Standort seines Betriebs in der Nähe des Flughafens könnte kaum besser sein: In dem Distrikt mit internationalen Schulen leben viele Mitarbeiter ausländischer Firmen und Botschaften, darunter zahlreiche Deutsche, die sich über Sauerteigbrot, Kaiserbrötchen und Apfelkuchen der ihnen bekannten Art freuen. Die Nachricht über die deutsche Backvielfalt verbreitete sich schnell, sodass zur Kundschaft längst auch Amerikaner, Franzosen oder Engländer gehören – und Chinesen. „Die sind morgens oft die Ersten“, erzählt Andreas Weih, der im angeschlossenen Café auch ein breites Sortiment an Snacks vorhält.

Deutsches Brot und deutsches Bier … Foto: privat

Den größten Teil der Rohstoffe und Zutaten kauft Weih vor Ort ein, wo seit 2008 auch Hühnereier zu haben sind. Das Mehl hingegen bezieht er aus Deutschland. „Eine solche Qualität bekomme ich hier nicht.“ In der Backstube wird der Meister von Guolin Ning unterstützt, einem Einheimischen, dem er die Grundlagen des Handwerks beigebracht hat, denn eine Bäckerausbildung kennt man in China nicht. Der täglich von 8 bis 19 Uhr geöffnete Landen und das Café sind fest in der Hand seiner Frau Bing Wang, die jeden Sonntag ein typisch deutsches Frühstück und auch schon mal ein Spanferkel aus dem Ofen kredenzt.

Die Preisspanne von Andy’s German Bakery ist in etwa mit der von deutschen Betrieben vergleichbar. So kostet ein 600-Gramm-Roggenbrot 3,90 Euro, die Brötchen bis zu 70 Cent und ein Stück Kuchen zwischen 1,80 und 2 Euro. Etwa 30 Prozent des Umsatzes erwirtschaftet Andreas Weih mit dem Catering- sowie mit dem Liefergeschäft, das in erster Linie deutsche Restaurants und Fleischereien umfasst. In Hotels Fuß zu fassen, ist hingegen schwierig: „Die meisten beziehen Backwaren aus Fertigmischungen.“

Frühstück in Andy’s Cafe. Foto: privat

Gern gesehene Gäste sind Weih und sein Team regelmäßig in der amerikanischen Botschaft. Zum Beispiel bei einem jeden Monat stattfindenden Verkaufstag für internationale Produkte sowie auf dem Frühlings- und Herbstfest der Diplomaten. Richtig Umsatz macht der Handwerksbetrieb zudem auf dem Weihnachtsmarkt der deutschen Vertretung: Bei bis zu 15.000 Besuchern sind die Stollen und Plätzchen Made in Germany immer schnell weg.

Charmante Chefin: Bing Wang führt den Laden und das Café. Foto: privat
Charmante Chefin: Bing Wang führt Laden und Café. Foto: privat

Gleich um die Ecke möchte Andreas Weih demnächst die Flagge deutscher Backwaren auf Dauer hochhalten – mit seiner ersten Filiale, die in diesem Herbst eröffnen soll. Ein Schwergewicht des Ladens wird auf dem Snack-Geschäft liegen, das in China (noch) ein Nischendasein fristet. Viele Deutsche dürften sich dann gewiss auch darüber freuen, dass sie eine Bratwurst mit Sauerkraut nicht mehr ausschließlich im Restaurant und zum stolzen Preis von 10 Euro zu sich nehmen können.

Erstveröffentlichung: Allgemeine BäckerZeitung (www.abzonline.de)