Dickköpfe im Weizen und in der Backstube

Am 1. Juli stand Marlon Gnauck auf dem Siegertreppchen: Für die ausschließliche Verwendung von regional erzeugtem Champagnerroggen und Dickkopfweizen in der Herstellung von Brot ist sein Betrieb mit dem Sächsischen Umweltpreis 2019 in Höhe von 10.000 Euro ausgezeichnet worden.

Die Umstellung auf „Jägers norddeutschen Champagnerroggen“ und „Pommerschen Dickkopfweizen“ aus der Lausitz war und  ist für den experimentierfreudigen Bäcker aus Ottendorf-Okrilla bei Dresden eine gewaltige Herausforderung. Während der Einsatz des Roggens noch relativ geräuschlos – mittels langsamerem Kneten und längerer Teigruhe – über die Bühne ging, machte der Weizen seinem Namen alle Ehre.

„Dickkopfweizen enthält zwar theoretisch mehr Kleber als die heutigen Sorten, aber mit herkömmlichen Methoden kommt der nicht zum Vorschein“, erzählt Gnauck, der in dem 100 Jahre alten Betrieb seiner Vorväter schon seit geraumer Zeit nur mit Monokomponenten arbeitet.

Was ist zu tun, um den Dickkopf hoffähig zu machen? „Damit er eine stabile, vernünftige Struktur bekommt, muss der Teig äußerst schonend verarbeitet und zum Teil extrem lange geknetet werden“, weiß der Unternehmer nach einer zweimonatigen Testphase, während der auch Aufgeben ein Thema war. Was noch immer noch nicht funktioniert, ist die Langzeitführung über Nacht. „Hier liegt die Betonung allerdings auf noch“, betont Marlon Gnauck, der von sich sagt, ebenfalls ein Dickkopf zu sein.

Trotz der Startschwierigkeiten ist der 38-jährige Backstubenleiter, der die kleine Bäckerei zusammen mit seiner Frau, der Konditorin Christin Paulus, führt, voll des Lobes für die alten Getreidesorten, deren Anbau vom Freistaat Sachsen gefördert wird. „Sie kommen problemlos mit den sandigen Böden der Lausitz zurecht, benötigen keinen Mineraldünger, keine Bewässerung und fast keine Pflanzenschutzmittel, und sie schmecken besser“, erklärt Gnauck.

Diese Vorzüge sind jedoch nicht umsonst zu haben: Neben dem um zehn Prozent geringeren Volumen und dem Verlust von 50 Prozent an Produktsicherheit kostet das Mehl 25 bis 30 Prozent mehr als jenes aus heutigen Getreidesorten. Eine Preiserhöhung war also unausweichlich.

„Die haben wir aber schon vor der Umstellung vorgenommen, sonst wäre das nicht zu vermitteln gewesen“, sagt der zweifache Familienvater. Dank dieses Schachzugs und einer ausgefeilten Informationsstrategie gemäß dem Prinzip „Tue Gutes und rede darüber“ ist das Echo seitens der Kunden und der Medien auf die Neuausrichtung des Betriebs durchweg positiv.

Fotos: Bäckerei Gnauck

Erstveröffentlichung: Allgemeine BäckerZeitung (www.abzonline.de)

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