An den Kneter, Kinder!

Zweimal im Monat wird es in der Feinbäckerei Schubbert eng, und ein lebhaftes Stimmengewirr erfüllt den Raum. An diesen beiden Tagen ist die Friedrichshainer Backstube zweieinhalb Stunden lang fest in der Hand von 15 Kindern, die ihr Brot selbst herstellen. Bäckermeister Jörg Schubbert, der den Betrieb 1995 übernommen hat, und seine Frau Julia lassen sich von dem Gewusel des Nachwuchses seit 10 Jahren nicht aus der Ruhe bringen. Geduldig beantworten sie Fragen über Fragen und assistieren beim Formen der kleinen, mit den Namen der Schöpfer versehenen Mischbrote.

Hat die „Goldenen Brezel”: das Team der Bäckerei Schubbert

„Ih, das stinkt ja nach Bier“, ruft der 5-jährige Max, als der Sauerteig aus dem Kneter kommt – lässt sich aber schnell davon überzeugen, dass der unangenehme Geruch nach dem Backen einem verführerischen Duft weichen wird. Bevor die Kleinen zur Tat schreiten, müssen sie den theoretischen Teil ihrer Ausbildung absolvieren. Jörg und Julia Schubbert erklären, welche Zutaten gebraucht werden, zeigen Fotos von Getreide, erläutern den Aufbau der Körner und die Unterschiede zwischen den einzelnen Sorten. Dann dürfen die kleinen Gäste das Getreide in einer Kaffeemühle zu Mehl verarbeiten.

„Viele Kinder wissen nicht, wie Mehl hergestellt wird und dass zwischen dem Landwirt und dem Bäcker der Müller steht“, erfährt der 45-jährige Bäckermeister immer wieder. Große Augen bekommen oft auch die Erzieherinnen, wenn sie sehen, wieviel Arbeit es macht, handwerklich erzeugte Backwaren in einer hohen Qualität herzustellen. Wenn es nach den Kindertagestätten ginge, könnten die Schubberts ihre begehrten Kurse mindestens einmal pro Woche anbieten.

Dementsprechend lang sind die Wartelisten. Der zeitliche Aufwand für die Vorbereitung und Durchführung der Veranstaltungen, die pro Teilnehmer 3 Euro kosten, lohnt sich, dienen sie unterm Strich doch der Kundengewinnung. Denn die Kleinen vergessen nicht, wo sie schon einmal „gearbeitet“ haben und möchten ihren Eltern unbedingt die Stätte ihres Wirkens zeigen.

Nicht nur bei Kindern – und nicht nur zur Weihnachtszeit – begehrt ist ein weiteres Angebot der Berliner Feinbäckerei: die täglich frischgebackenen Kekse in mehreren Sorten. Vor allem vom zarten Teegebäck kann nie genug in der Auslage liegen. Zu den Umsatzbringern des Betriebs gehören auch die nach individuellen Kundenwünschen angefertigten Torten, die Jörg Schubbert und seine beiden Gesellen ebenfalls „mit dem Herzen und dem Bauch“ herstellen. Genauso wie die Adventstaler und Lebkuchenhäuser, die sich von November an in dem mit der „Goldenen Brezel“ des Berliner Bäcker- und Konditoren-Landesverbandes ausgezeichneten Betrieb stapeln.

Aller Anfang ist schwer. Foto: Feinbäckerei Schubbert

Spezielle Wünsche erfüllen die Schubberts nicht nur bei Torten für festliche Anlässe. „Wir möchten unseren Kunden das bieten, was sie woanders nicht bekommen“, beschreibt Jörg Schubbert den Anspruch des Betriebs, der selbst die kleinste Sonderbestellung berücksichtigt. Wenn also jemand ein Baguette mit Zwiebeln möchte, bekommt er das genauso wie der Kunde, der unter der Woche 20 Knüppel (Berliner Milchbrötchen) ordert, die in der Regel nur samstags gebacken werden.

Den besonderen Bedürfnissen seiner Kundschaft kann Schubbert weitaus mehr abgewinnen als etwa dem Liefergeschäft, das er schon lange wieder aufgegeben hat. In den ersten Jahren nach der Übernahme hatte der Betrieb beispielsweise Seniorenheime und Kindergärten an 365 Tagen im Jahr mit frischer Ware versorgt. „Damals sind wir durch halb Berlin gefahren, mussten aber bald feststellen, dass uns die Kosten davongelaufen sind und der Ertrag und die Qualität gelitten haben.“

Aus diesem Grund hat Jörg Schubbert sich auch von einer 1996 eröffneten Filiale schnell wieder verabschiedet. „Heute würde ich das sicher alles anders machen, aber ohne die Fehler wären wir auch nicht da, wo wir sind.“ Bei den Kindern und damit bei den Kunden von morgen zum Beispiel, deren lebhaftes Stimmengewirr die Schubberts nicht mehr missen möchten.

Erstveröffentlichung: Allgemeine BäckerZeitung (www.abzonline.de)